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Der Kulturrat konnte sich nicht auf eine Haltung einigen und bietet dem Deutschen Fotorat vorerst eine Kooperation an

Bei der Mitgliederversammlung des Deutschen Kulturrats am 30. September 2021 wurde auch der Antrag des neu gegründeten Deutschen Fotorats behandelt. Dieser hatte im Sommer die Aufnahme in den Deutschen Kulturrat beantragt, denn in dem vor 40 Jahren gegründeten Deutschen Kulturrat mit bisher acht Sektionen ist die Fotografie als eigenständige schöpferische Kategorie bisher nicht vertreten.

Und dies, obwohl das Kreativmedium Fotografie auch im deutschen Urheberrecht eigenständigen Werkschutz genießt.

Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates: „Im Ergebnis kam die Mitgliederversammlung zu dem Schluss, dass sie in diesem Jahr noch keine Entscheidung treffen kann, im kommenden Jahr das Thema erneut aufgreifen und dann entscheiden will. Zwischenzeitlich sollen Vertreter und Vertreterinnen des Deutschen Fotorates in den Sprecherrat des Deutschen Kulturrates eingeladen werden, um im persönlichen Gespräch darzulegen, warum die Mitglieder des Deutschen Fotorats eine eigene Sektion der Mitwirkung in einer bereits bestehenden Sektion vorziehen.“

Gründungsmitglieder des Deutschen Fotorats sind der BFF Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter, die Deutsche Fotografische Akademie (DFA), die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh) und FREELENS. Damit vertritt der Deutsche Fotorat die künstlerisch-kulturelle Sparte Fotografie in all ihren Facetten.

Mit dem Deutschen Fotorat als neuem Mitglied im Deutschen Kulturrat soll ein wichtiges kulturpolitisches Signal gesetzt und die Lücke im Kanon der kulturellen Verbände geschlossen werden. Eine Angliederung an bestehende Sektionen des Kulturrats wurde schon einige Jahre diskutiert, führte jedoch zu keinen tragfähigen Ergebnissen. Daher bedauert der Deutsche Fotorat, dass sich der Deutsche Kulturrat noch nicht zur Aufnahme des neuen Dachverbands entschließen konnte, nimmt aber gerne das Angebot für eine Kooperation und einen Austausch im Sprecherrat an.

Unabhängig von der Aufnahme in den Deutschen Kulturrat arbeitet der Deutsche Fotorat an der besseren Vernetzung der Fotoszene in Deutschland. Schon in der Gründungsphase hat sich der Rat als neues Forum für den intensiven Austausch unter den Gründungsverbänden bewährt. Er treibt die Aufnahme weiterer bundesweit tätiger Fotografieverbände aktiv voran.

Stellungnahme zum ersten Gerichtsverfahren um die Nutzung von Fotografien zum Training von KI-Modellen. Deutscher Fotorat begrüßt den Beginn der juristischen Klärung.

Hamburg, 16.04.2024

STELLUNGNAHME

Erstes Gerichtsverfahren um die Nutzung von Fotografien zum Training von
KI-Modellen. Deutscher Fotorat begrüßt den Beginn der juristischen Klärung.

Am 25. April beginnt vor dem Landgericht Hamburg der erste Prozess in Deutschland, in dem sich ein Fotograf dagegen wehrt, dass seine Bilder zum Training von KI-Bildgeneratoren verwendet werden.
Damit wird ein Verfahren in Gang gesetzt, von dem sich viele Kreative die Stärkung ihrer Rechte erhoffen gegenüber der explosionsartig expandierenden Branche der KI-Anbieter, deren Erzeugnisse immer stärker in Konkurrenz zum Werk menschlicher Urheber stehen.

Bildgeneratoren mit Künstlicher Intelligenz werden in einer sogenannten Trainingsphase mit Milliarden von Fotos gefüttert, die zum größten Teil aus dem Internet stammen, also etwa von Webseiten der Fotografinnen und Fotografen, Posts auf Social-Media-Plattformen oder anderen online zugänglichen Veröffentlichungen. In den allermeisten Fällen geschieht dies ohne Wissen oder Zustimmung der BildautorInnen. Ob dies rechtlich zulässig ist, gilt unter JuristInnen als umstritten.

Urheberrechtsanwalt Sebastian Deubelli richtet seine Klage gegen den wichtigsten Lieferanten solcher Trainingsdaten. Dabei geht es um den ersten Schritt des KI-Trainings – die Erfassung von Bildern in der Datenbank „LAION 5B“. Dieses Verzeichnis mit mehr als fünf Milliarden Bildern liegt vielen aktuellen
Bildgeneratoren zugrunde. Im Mittelpunkt der juristischen Bewertung stehen zwei Fragen: Kann sich der gemeinnützige LAION e.V. bei seiner Sammlung auf Ausnahmen vom Urheberrecht berufen, die eigentlich für Analysen in der wissenschaftlichen Forschung geschaffen wurden? Und dürfen diese Daten
kommerziellen Anbietern von Bildgeneratoren zur Verfügung gestellt werden, ohne dass die Fotografinnen und Fotografen dem zugestimmt haben und eine Vergütung erhalten?

Die Bedeutung des Verfahrens geht somit weit über den konkreten Fall hinaus, in dem ein Fotograf die Löschung seiner Bilder aus der LAION-Datenbank fordert. Sollte die Herkunft der Trainingsdaten juristisch angreifbar sein, könnte in einem nächsten Schritt auch Anbietern von KI-Bildgeneratoren der Verkauf ihrer Dienste erschwert werden.

Der Deutsche Fotorat begrüßt den Vorstoß, die komplexe Materie vor ein deutsches Gericht zu bringen. Das Verfahren sendet ein wichtiges Signal an Kreative, die derzeit keine Möglichkeit haben, die Entwicklung der KI-Werkzeuge mitzubestimmen oder am Erfolg der Generatoren zu partizipieren, die mit
Hilfe ihrer Werke entstanden sind.

Ansprechpartner für Medienanfragen

Julia Laatsch, Sprecherin des Deutschen Fotorats
post@deutscher-fotorat.de, Tel. + 49 (0)160 967 144 42
Dr. Jürgen Scriba, Leiter der Arbeitsgruppe Technologischer Fortschritt im Deutschen Fotorat
scriba@jscriba.com, Tel. + 49 (0)171 542185
Sebastian Deubelli, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, SLD Intellectual Property
sebastian.deubelli@sld-ip.com, Tel. +49 (0)871 606 799 77

Analoge Fotografie wird in das Landesinventar des Immateriellen Kulturerbes von Nordrhein-Westfalen eingetragen

Köln, 15.04.2024

PRESSEMITTEILUNG

Analoge Fotografie ist nominiert für die Aufnahme in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes

Der Deutsche Fotorat ist seinem Ziel, der offiziellen Anerkennung analoger Fotoverfahren als immaterielles Kulturerbe durch die UNESCO einen großen Schritt näher gekommen. Die analoge Fotografie wird in das Landesinventar des Immateriellen Kulturerbes von Nordrhein-Westfalen eingetragen. Außerdem hat das Land Nordrhein-Westfalen die analoge Fotografie als Kulturform für das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes nominiert.

Claudia Determann vom Ministerium für Kultur- und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen: „Die Landesjury für das Immaterielle Kulturerbe von Nordrhein-Westfalen erachtet die analogen fotografischen Verfahren für eine wichtige Stufe innerhalb der Entwicklung der Fotografie. Sie stellt fest, dass heutzutage immer weniger Personen diese alten Techniken beherrschen, die jedoch für das Verständnis und die Restaurierung von historischen Fotokonvoluten und -sammlungen unabdingbar sind. Der Erhalt der Kulturform durch die Weitergabe des zugrundeliegenden Wissens und Könnens innerhalb der Trägergruppe der analogen Fotografie erscheint dringend wünschenswert, damit dieser durch alle gesellschaftlichen Schichten gehende Bereich der Erinnerungskultur auch in Zukunft begreifbar bleibt.“

Christian Klant vom Deutschen Fotorat: „Das Anerkennungsverfahren erfolgt mehrstufig, die jetzt erfolgte Nominierung für die Aufnahme als lebendige Tradition in die Liste des Immateriellen Kulturerbes in Deutschland ist ein erster, ermutigender Erfolg für unser Anliegen.“

Als immaterielles kulturelles Erbe definiert die UNESCO kulturelle Ausdrucksformen, die unmittelbar von menschlichem Wissen und Können getragen, von Generation zu Generation weitervermittelt und stetig neu geschaffen und verändert werden. Sie sind im Gegensatz zu den bekannten Welterbestätten oder dem Weltdokumentenerbe nicht materiell greifbar. Das Bundesweite Verzeichnis umfasst aktuell 150 Einträge und beinhaltet ein breites Spektrum deutscher Kulturformen.

Im nächsten Schritt wird die Nominierung für das Bundesweite Verzeichnis noch einmal durch ein Fachkomitee bei der Deutschen UNESCO-Kommission e.V. geprüft und bewertet. Dessen Empfehlungen müssen dann die Kulturministerkonferenz und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien bestätigen. Eine endgültige Entscheidung soll spätestens im Frühjahr 2025 erfolgen.

„Erst dann steht fest, ob die analoge Fotografie in das Bundesweite Verzeichnis aufgenommen wird“, so Thomas Gerwers, der zusammen mit Christian Klant den Antrag im Namen des Deutschen Fotorats gestellt hat.

Der Deutsche Fotorat als Antragsteller vertritt als Dachverband der Fotografie in Deutschland die Interessen seiner Mitglieder aus unterschiedlichen Bereichen der Fotoszene und engagiert sich darüber hinaus auch für die Fotografie als Kulturgut und visuelles Kulturerbe.

Pressekontakt
Anna Gripp & Julia Laatsch
, Sprecherinnen des Deutschen Fotorats: post@deutscher-fotorat.de
Christian Klant, Leiter der Arbeitsgruppe: mail@christian-klant.com

Text: Thomas Gerwers/Julia Laatsch

Bildkompetenz der Kinder und Jugendlichen. Ein Forderungskatalog der AG Visuelle Kompetenzen

Bildlesekompetenz ist heute wichtiger als je zuvor. Vor allem Kinder und Jugendliche sollten hierzu geschult werden, was im Schulalltag viel zu wenig beachtet wird. Daher hat der Deutsche Fotorat, Arbeitsgruppe Visuelle Kompetenzen, einen Forderungskatalog formuliert, der sich an Pädagog:innen und Eltern sowie an Verantwortliche in der Politik richtet.

1. Bildkompetenz muss als eine zentrale Schlüsselqualifikation behandelt werden  
Fotografie ist das visuelle Leitmedium unserer Zeit. Das Herstellen und Teilen von Bildern ist kinderleicht. KI-Tools erschaffen foto-realistische Bildwelten, die von kamerabasierten Bildern nicht zu unterscheiden sind. Kreativität, Kommunikation und Manipulation sind auf einem neuen Level angekommen.

Diese neue Phase der Bild-Kommunikation bedarf neuer Wege der Auseinandersetzung. Es reicht nicht mehr, die Bildkompetenz wie bisher als einen Neben-Aspekt der allgemeinen Medienkompetenz zu betrachten. Vielmehr stellt die Bildkompetenz eine zentrale Schlüsselqualifikation dar und muss in der Vermittlung als eine eigenständige, vielschichtige Kompetenz behandelt werden.

2. Die Visuellen Kompetenzen müssen umfassend und systematisch vermittelt werden
Kompetenter Umgang mit Bildern setzt voraus, Bilder lesen und reflektieren zu können. Bei der Vermittlung von visuellen Kompetenzen an Kinder und Jugendliche kann, je nach Art des Projekts und der Zielgruppe, auf folgende Aspekte fokussiert werden:

  • Basics für eine bewusste Rezeption: u.a. Fake-Bilder und andere Arten der Manipulation erkennen und Fakten-Checks trainieren, die Präsentationsweisen von Bildern in sozialen Medien verstehen, usw.
  • Befähigung zur Selbstreflexion und Perspektivenwechsel
  • Wirkung der permanenten Konfrontation mit Bildern verstehen, dabei auch politische, kommerzielle und künstlerische Produktionen von Bildern unterscheiden lernen 
  • Historische und wissenschaftliche Vertiefung: Auseinandersetzung mit Bild-Ikonen, mit populären Fotos und Fotos, die in Vergessenheit geraten sind: Fotogeschichtlich relevantes Wissen kann dabei helfen, gegenwärtige Bildphänomene zu analysieren und einzuordnen
  • Technisches und ästhetisches Basiswissen: Kamerafunktionen, KI-Apps, Metadaten; Bildsprachen in Einzelfotos, Serien, Sequenzen, Bewegtbildern
  • Transparenz: Wer produziert Bilder, zu welchem Zweck und mit welchen Absichten?
  • Rechtliche Aspekte: Information rund um mögliche Konsequenzen beim Teilen von Bildern
  • Reflexion visueller Mehrdeutigkeiten: Verschiedene Bedeutungsschichten eines Bildes kennenlernen
  • Affektive Ebene: Welche Wirkungen und Emotionen versucht das Bild abzurufen? Spielt der Wirklichkeitsbezug der Fotografie dabei eine Rolle?
  • Produktion: Abkehr von Klischee-Motiven hin zu eigenen Bildwelten

Im Vermittlungsprozess gilt es, die bewährten Tools der Fotopädagogik einzubringen, neue zu entwickeln, und Kinder und Jugendliche mit ihrer kreativen Lust und ihrem Forschergeist aktiv einzubeziehen.

3. Die medialen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen müssen respektiert werden
Für Kinder und Jugendliche hat die Kommunikation mit Bildern einen hohen Stellenwert. Sie nutzen Fotografie auf eine selbstverständliche Art und Weise, das Medium Fotografie ist ein wichtiger Teil ihrer Lebenswelt und schärft ihren Blick für unterschiedliche Perspektiven.

Es darf daher nicht darum gehen, ihnen dieses Bedürfnis und die im Alltagshandeln erworbenen Kompetenzen abzusprechen – im Gegenteil: Es gilt, die medialen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zu respektieren und sie in ihren visuellen Kompetenzen umfangreicher zu qualifizieren.

4. Gatekeeping-Prozesse müssen transparent werden
Die Bereiche der Kuration und Vermittlung von Bildern in Museen erscheinen oft als „geheimnisvolle“ Arbeitsfelder von Insidern. Das gleiche trifft auf die Prozesse bei der Auswahl von Bildern in Redaktionen zu. Öffentlich verfügbare Informationsquellen, wie etwa Bildredaktionen funktionieren oder wie Ausstellungen entstehen, können zum Verständnis von Bildern und ihrer Wirkung beitragen. Hintergründe, Absichten und Präsentationsweisen bedürfen einerKommentierung. Auch das Verständnis um die Unterschiede zwischen künstlerischer und dokumentarischer Fotografie kann nicht vorausgesetzt werden.

Es ist erforderlich, Gatekeeping-Prozesse zu hinterfragen und die Abläufe und Absichten transparent zu machen – und zwar in einer für Kinder und Jugendliche verständlichen Art.

Zudem eröffnen sich hier für öffentlich geförderte Institutionen und private Medienanbieter*innen Chancen, gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein zu demonstrieren und sich zu profilieren, indem sie sich bei der Vermittlung visueller Kompetenzen einbringen und entsprechende zielgruppenspezifische Formate entwickeln.

5. KI-generierte Bilder müssen kenntlich gemacht werden
KI-generierte Bilder sind von kamerabasierten Bildern nicht mehr zu unterscheiden. Die Bildernutzer*innen, allen voran Kinder und Jugendliche, dürfen mit diesem Problem nicht allein gelassen werden.

Besonders relevant ist der Sachverhalt für die Vermittlung von Informationen in den Bereichen News, Reportage und Dokumentation, aber auch z.B. bei der (Selbst-)Inszenierung in den Sozialen Medien. Um das Problem von Fake-News und vorsätzlicher Manipulation auszuschließen, müssen ab sofort KI-generierte Bilder kenntlich gemacht werden. Das gilt auch für Fotos, die im erheblichen Maße digital verändert wurden.

6. Erkenntnisse aus der Bild-Wissenschaft und Foto-Praxis müssen zentral verfügbar sein 
In Deutschland existieren zahlreiche Verbände, Hochschulen, Fachgruppen, Institute, Akteur*innen in der Medienpädagogik, die Wissen zur Bildkompetenz erarbeiten, Methoden entwickeln, Kurse durchführen. Zwischen wissenschaftlichen und praktischen Disziplinen besteht häufig eine Distanz. Eine nachhaltige Infrastruktur fehlt, die Ergebnisse werden allzu oft häppchenweise präsentiert.

Um den Nutzwert der Erkenntnisse zu optimieren, gilt es, den jeweils aktuellsten Stand zu Visuellen Kompetenzen und Fotopädagogik zentral zu erfassen und mit geeigneter Kommunikation öffentlich verfügbar zu machen. Disziplin-übergreifende Zusammenarbeit ist dabei unerlässlich. Wir fordern die Politik dazu auf, Verantwortung zu übernehmen. Es braucht flächendeckende Programme – zum Wohl aller Kinder und Jugendlichen.

7. Medienkompetenz-Vermittlung muss als eigenes Schulfach etabliert werden
Aus der alltäglichen Nutzung von Smartphones und Sozialen Medien ergeben sich für die Bildungsarbeit neue Chancen, aber auch Herausforderungen. Um einen kritischen und verantwortungsvollen Umgang mit KI-basierten Technologien zu vermitteln, müssen in der Medienpädagogik neue Methoden entwickelt und konsequent eingesetzt werden.

Entsprechende Angebote im außerschulischen kulturellen Bereich sind weiterhin wichtig, jedoch erreichen sie oftmals nur eine ohnehin privilegierte Bevölkerungsschicht. Um alle Kinder und Jugendlichen zu erreichen, ist es erforderlich, das Schulfach Medienkompetenz einzurichten und Fotografie und Visuelle Kompetenzen als zentrale Schlüsselqualifikationen zu vermitteln.

Ansprechpartner: Sabina Paries für die AG Visuelle Kompetenzen und Anna Gripp, Sprecherin Deutscher Fotorat

Foto: Sabina Paries

AG Fotografisches Erbe im Kulturausschuss des Bundes

Am 14. Dezember 2023 trafen sich Mitglieder der Fotorats-Arbeitsgruppe Fotografisches Erbe mit dem Bundestagsabgeordneten Helge Lindh, Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Kultur und Medien. Christina Czybik, Hanns-Peter Frentz und Bernd Lammel konnten als Mitglieder der AG zusammen mit der Fotografin Ute Mahler Helge Lindh über die Dringlichkeit der Rettung des fotografischen Erbes in Deutschland informieren. Ein zweiter Termin mit mehr Zeit für einen ausführlichen Austausch fand am 19. März 2024 statt.

Foto © Bernd Lammel. V.l.n.r.: Christina Czybik (DJV), Hans-Peter Frentz (DGPh), Helge Lindh (MdB/SPD), Ute Mahler (Fotografin) und Bernd Lammel (DJV)

Fotorat warnt vor irreführenden KI-Bildern in der Berichterstattung

KI-Bilder in der Bilddatenbank Adobe Stock – Schlagworte wie „Gaza“ oder „Hamas-Krieger“ zeigen KI-Bilder, die gleichrangig mit echtem Fotomaterial angeboten werden

23. November 2023

Stellungnahme: Fotorat warnt vor irreführenden KI-Bildern in der Berichterstattung

Der aktuelle Nahostkonflikt hat zu einem enormen Anstieg im Angebot von KI-generiertem Bildmaterial geführt, das sich auf diese Ereignisse bezieht. Diese mutmaßlichen Kriegsbilder sind in vielen Fällen weder für Fachleute noch mit technischen Systemen zur Erkennung von KI-Bildern von authentischen
Fotos zu unterscheiden.

Unter dem Schlagwort „Gaza“ findet man beispielsweise auf der Plattform von Adobe Stock, einer der führenden Bilddatenbanken, KI-generierte fotorealistische Bilder von zerstörten Städten, hoch emotionale Bilder von Kindern in Trümmerlandschaften oder Portraits von bärtigen Bewaffneten, die in der
Bildbeschreibung als „Hamas-Krieger“ bezeichnet werden.
Die Bilder werden gleichrangig mit echtem Fotomaterial angeboten, identisch verschlagwortet und in vielen Fällen inhaltlich ähnlich beschrieben. Die Gefahr ist hoch, dass beim Erwerb solcher Bilder, trotz KI-Hinweis beim Anbieter, Kennzeichen der künstlichen Generierung in den weiteren Redaktions-Prozessen
bis zur Veröffentlichung übersehen oder gar ignoriert werden. Wenn KI-Bilder gemeinsam mit Fotos im gleichen Umfeld veröffentlicht werden, suggeriert es Authentizität der synthetischen Bilder und schwächt die Glaubwürdigkeit der realen Fotos.

Allein der Verdacht auf irreführende KI-Bilder im Journalismus löst bei MediennutzerInnen einen unumkehrbaren Vertrauensverlust aus. Der Deutsche Fotorat hat bereits im April mit seinem Positionspapier zu KI auf die Gefahren für den gesellschaftlichen Diskurs hingewiesen. Im Licht der aktuellen Situation
präzisiert er seine Forderungen:

Verantwortungsvolles Handeln von Bildanbietern


Auch wenn es legitime Gründe geben kann, allgemeingültige Symbolbilder von Konflikten oder Kampfhandlungen mithilfe von KI-Bildgeneratoren zu erzeugen und anzubieten, müssen es Bildanbieter unterlassen, solche fiktiven Bilder durch Verschlagwortung oder Bildbeschriftung konkreten realen Geschehnissen
zuzuordnen. Es ist irreführend und stiftet zu Missbrauch an, beispielsweise KI-Bilder von zerstörten Städten als „Stadt im Gaza-Streifen“ oder synthetische Bilder von Bewaffneten als „Hamas Rebellen“ zu betiteln. Die bloße Kennzeichnung von KI-Bildern beim Vertrieb von Bildrechten reicht nicht aus, wenn sonstige Bildinformationen nicht von denen realer Fotos zu unterscheiden sind.

Ein klares Nein zur Verwendung von KI-Bildern in der Berichterstattung


Journalistisch arbeitende Medien müssen sich klare Richtlinien geben, die den Einsatz von KI-Bildern in irgendeinem Zusammenhang mit der Berichterstattung über Ereignisse des Tagesgeschehens prinzipiell ausschließen. Bildmaterial muss vor der Veröffentlichung auf seine Authentizität überprüft werden.
Die Richtlinien der Redaktionen müssen transparent für MediennutzerInnen kommuniziert werden. Es darf nicht die Pflicht der MediennutzerInnen sein, sich der Authentizität jeder Abbildung anhand von etwaigen Kennzeichnungen in Bildunterzeilen zu vergewissern. Der Fotorat regt an, den Kodex des
Deutschen Presserats zum Einsatz von Symbolbildern hinsichtlich KI-generierter Bilder zu präzisieren.

Verantwortungsvoller Einsatz von KI-Bildern im politischen Diskurs


Auch bei der Nutzung von KI-Bildern in Veröffentlichungen von öffentlichen Stellen, NGOs oder Parteien ist besondere Verantwortung geboten, da NutzerInnen diesen Quellen besonderes Vertrauen entgegenbringen. Hier müssen Symbolbilder, insbesondere mit KI generierte fotorealistische Bilder, deutlich als solche gekennzeichnet werden. Der Deutsche Fotorat fordert Verantwortliche auf, in jedem Einzelfall zu erwägen, ob ein möglicherweise besonders wirksames KI-Bild wirklich eine sinnvolle Funktion hat, oder der Einsatz nicht eher aus Bequemlichkeit oder Kostendruck geschieht. Im Zweifel ist ein authentisches Bild vorzuziehen.

Ansprechpartner für Medienanfragen:

Julia Laatsch, Sprecherin des Deutschen Fotorats
post@deutscher-fotorat.de, Fon + 49 (0)160 967 144 42

Dr. Jürgen Scriba, Leiter der Arbeitsgruppe Technologischer Fortschritt im Deutschen Fotorat
scriba@jscriba.com, Fon + 49 (0)171 542185

Konkurrieren gegen KI-Bilder? Fotowettbewerbe brauchen klare Regeln

Wer heute Fotowettbewerbe ausschreibt, sollte verdeutlichen, welche Art von Bild er erwartet oder zulässt. Eine klare Abgrenzung der Fotografie gegenüber einer mittels Texteingaben von einer generativen KI erzeugten Bildwelt ist dringend geboten, nicht zuletzt aus Fairness den Teilnehmenden gegenüber.

Es sollte klar sein, dass bei einem Fotowettbewerb kamerabasierte Aufnahmen gemeint sind. Werden auch von einer KI erzeugte Bilder zugelassen, sollte das in den Teilnahmebedingungen klar benannt werden und solche Einsendungen entsprechend gekennzeichnet sein.

Warum ist diese Unterscheidung wichtig?

Eine Fotografie mag eine subjektive Sichtweise wiedergeben, sie beruht jedoch immer auf einem physikalischen Vorgang, bei dem Licht eine Szenerie abbildet. Betrachter einer Fotografie unterstellen, dass das Abgebildete im Moment der Aufnahme real existierte – und der Fotograf oder die Fotografin anwesend war. Ob und inwieweit die Aufnahme später bearbeitet wurde, ist dabei nur in spezifischen Zusammenhängen von Bedeutung. Auch, dass bei Smartphone-Kameras bereits KI-basierte Methoden zur Bildverbesserung am Werk sind, rechtfertigt nicht, den Unterschied zwischen kamerabasierten und KI-generierten Bildern zu ignorieren.  

Wettbewerbskriterien

Gut, gar preiswürdig zu Fotografieren, erfordert andere Qualifikationen als die Erzeugung eines Bildes am Rechner. „Kreativität“ ist bei der Beurteilung nur ein Aspekt. Ohne Zweifel eröffnet die Anwendung einer generativen KI ganz neue kreative Möglichkeiten – inklusive solche der Vorspiegelung fotografischer Fähigkeiten. 

Gerade bei Fotowettbewerben wurde bisher auch fotografisches Können und nicht nur die Bildästhetik gewürdigt. Es werden beispielsweise jene preisgekrönt, die eine besonders emotionale Situation aufnahmen, sich dabei selbst womöglich in Gefahr brachten.

Ignorieren wir die Unterschiede zwischen Fotografie und „Promptografie“, geht genau dies verloren: Die Würdigung von Ausdauer und Aufmerksamkeit in einem bestimmten Moment, der handwerklichen Fähigkeit, der Realität eine Aufnahme abzuringen, die andere Menschen anspricht, die Auseinandersetzung mit der realen Welt und die Zuwendung zu den Menschen vor der Linse.

Appell an Sie

Bitte unterstützen Sie die Kultur der Fotografie, die soziale Bedeutung des Fotografierens sowie die Bedeutung dokumentarischer Fotografie, indem Sie klar unterscheiden zwischen Fotografien und synthetisch erzeugten Bildern, zum Beispiel im Rahmen von journalistischer Berichterstattung über Wettbewerbe, der Ausrichtung oder Jurierung bei solchen Veranstaltungen.  

Nachfolgend einige positive Beispiele für Formulierungen in den Bedingungen von Fotowettbewerben:

Alle Bilder und Bildteile müssen ausschließlich auf fotografischem Wege entstanden sein“, schreibt der dvf (Deutscher Verband für Fotografie) beim dvf Printcup 2023

Bei den Fragen zum Jugendfotopreis heißt es: „Kann ich auch Bilder, die ich mit Künstlicher Intelligenz erzeugt habe, einreichen?“ — „Ja, in der Kategorie „Experimente“ sind diese Bilder zugelassen. Zu beachten gibt es dabei folgendes: Bitte kennzeichne diese Bilder entsprechend und lass uns wissen, mit welchen Programmen Du dazu gearbeitet hast. … Uns ist es wichtig, zwischen Fotografien und Bildern, die mit KI erzeugt wurden, zu unterscheiden. Grundsätzlich geht es beim Deutschen Jugendfotopreis nämlich weiterhin um Fotografien, nicht um mit KI erzeugte Bilder. :-)“  

Der Preis für politische Fotografie und Karrikatur, Rückblende, hat klare, strenge Regeln: „Für die Fotografien gilt, dass Bildinhalte weder hinzugefügt, noch verändert, noch gelöscht worden sein dürfen. Technische Bearbeitungen dürfen den Charakter des Bildes nicht berühren.“

Moderat formuliert es die Gesellschaft für Naturfotografie, bevor sie die Richtlinien genau erläutert: „Wir legen Wert auf authentische Naturfotografie, verschließen uns dabei aber nicht den technischen Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung im Rahmen unserer Richtlinien. Im Vordergrund steht für uns die Prämierung der fotografischen Leistung.“

Beim weltweit ausgeschriebenen Photo Vogue 2023, der sich an Künstlerinnen richtet, heißt es: „Wir begrüßen jede Art visueller Ästhetik – von Realismus bis Fantasie, von Dokumentation bis Glamour, direkt oder suggestiv. Wir werden auch Projekte akzeptieren, die mit Hilfe von künstlicher Intelligenz entstanden sind, solange der Einsatz dieser Technik offengelegt wird.“

Da KI auch in Fotokameras, speziell in Smartphones, zum Einsatz kommt, empfehlen wir, zur besseren Unterscheidung, von „generativer KI“ oder „Bilderzeugung mittels generativer KI“ zu sprechen. Auf jeden Fall sollte klar unterschieden werden zwischen kamerabasierten Aufnahmen und Bildern, die ausschließlich am Rechner generiert wurden. Letztere sollten bei FOTOwettbewerben in separaten Kategorien bewertet werden. 

Text: Dr. Martina Mettner – Deutsche Gesellschaft für Photographie
Bild: Technical Image Press Association, TIPA

Über den Umgang mit KI-Bildgeneratoren: Ein Leitfaden für Fotograf:innen.

Fotografien kennzeichnen – Scraping verhindern. Ein Leitfaden für Fotograf:innen von FREELENS / Marco Urban

Der Wissenschaftsjournalist und Autor Ranga Yogeshwar wird in der Augsburger Allgemeinen vom 17. Mai 2023 wie folgt zitiert:

»[…] wir erleben im Moment den größten Diebstahl in der Menschheitsgeschichte. Die reichsten Unternehmen der Welt wie Microsoft, Apple, Google, Meta oder Amazon bemächtigen sich der Summe des menschlichen Wissens. Also aller Texte, Kunstwerke, Fotografien und so weiter, die in digital verwertbarer Form existieren, um dieses Weltwissen dann in eigentumsrechtlich geschützten Produkten einzumauern. Es gibt dabei keine klare Offenlegung, mit welchen Lerndaten sie die KI trainieren. […] Das Urheberrecht wird missachtet – und zwar bewusst. Inzwischen kann per KI eine Massenproduktion von Plagiaten stattfinden, wobei ganze Berufsstände vor ihrem existenziellen Aus stehen.«

Was können und müssen wir angesichts dieser rasanten Veränderung eigentlich tun? Was sind die Handlungsoptionen für Fotograf*innen, abgesehen von der eigenen Neugier, Bilder mit Künstlicher Intelligenz zu generieren? Wir haben die relevanten Punkte zusammengefasst, wobei sich sowohl die Fragestellungen als auch die Antworten täglich ändern können.

Text: Marco Urban
Bild: Generiertes Bild [G].Mit den Prompts »Maschine bewirft kleines Mädchen mit tausenden Fotografien Fotografien fliegen umher Dystopie« . Erstellt mit Adobe durch Marco Urban.

Deutscher Fotorat wächst weiter: Plenumsversammlung in Berlin

Erstmals fand eine Plenumsversammlung des Deutschen Fotorats in Präsenz statt, im Fürstensaal des Museums für Fotografie in Berlin. Gastgeber war die Kunstbibliothek Staatliche Museen zu Berlin, seit April 2023 Fotorat-Mitglied. 30 Teilnehmer waren vor Ort, weitere nahmen per Zoom teil. Im Fokus standen die erfolgreiche Aufnahme in den Deutschen Kulturrat, die Organisationsstruktur und Arbeitsgruppen im Fotorat sowie die Aufnahme neuer Mitglieder.

Nachdem bereits im April 2023 weitere Organisationen beigetreten sind, wächst der Fotorat weiter: Insgesamt 32 Mitglieder fasst der Dachverband nun und bildet damit ein sehr breites Spektrum der Fotografie in Deutschland ab.

Wir begrüßen herzlich neun neue Mitglieder, darunter acht korporative Mitglieder: Fachhochschule Dortmund (Fachbereich Design – Studiengang Fotografie), Lothar Wolleh Estate, Ostkreuz – Agentur der Fotografen GmbH, Punctum Fotografie GmbH, Stiftung FC Gundlach, The PhotoBookMuseum gGmbH, VISUM Foto GmbH, Deutsche Fotothek Dresden. Außerdem freuen wir uns, die GDT (Gesellschaft für Naturfotografie) e.V. als ordentliches Mitglied begrüßen zu dürfen.

Es erfreut uns besonders, dass viele Mitglieder die Möglichkeit für ein persönliches Treffen wahrgenommen haben.

Unser Dank gilt dem Museum für Fotografie für die Gastfreundschaft sowie Dr. Jürgen Scriba und seinem Team, die es ermöglicht haben, digital über Zoom teilzunehmen.

Text: A. Gripp & J. Laatsch
Foto: Denis Brudna

Antrag auf offizielle Anerkennung der Analogfotografie als immaterielles Kulturerbe

Der Deutsche Fotorat hat den Antrag auf offizielle Anerkennung analoger Fotoverfahren durch die UNESCO als immaterielles Kulturerbe gestellt.

Bei seinem Antrag geht es dem Deutschen Fotorat um den Erhalt des immateriellen Kulturerbes im Bereich traditioneller Techniken mit dem Ziel des Wissenstransfers über die Durchführung beziehungsweise Anwendung analoger fotografischer Verfahren.

Immaterielles Kulturerbe

Als immaterielles kulturelles Erbe definiert die UNESCO kulturelle Ausdrucksformen, die unmittelbar von menschlichem Wissen und Können getragen, von Generation zu Generation weitervermittelt und stetig neu geschaffen und verändert werden. Sie sind im Gegensatz zu den bekannten Welterbestätten oder dem Weltdokumentenerbe nicht materiell greifbar. Die Bundesrepublik Deutschland ist 2013 dem entsprechenden UNESCO-Übereinkommen beigetreten. Im Bundesweiten Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes befinden sich derzeit 131 Einträge. Es soll von Jahr zu Jahr wachsen und langfristig die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sichtbar machen. Erstellt wird das Verzeichnis in einem mehrstufigen Verfahren von der Deutschen UNESCO-Kommission und verschiedenen staatlichen Akteuren.

Neben Bayern hat auch Nordrhein-Westfalen aufgrund der Vielfalt seines kulturellen Lebens zudem eigene Landeslisten eingerichtet. Dort hat der Fotorat seinen Antrag eingereicht: „Die analoge Fotografie ist eine weltweite Kulturform, aber in keinem anderen Bundesland gibt es so viele Galerien und Museen, in denen Fotografie gezeigt wird, wie in NRW“, so der Analog-Fotograf Christian Klant, der den Antrag gemeinsam mit Thomas Gerwers formuliert hat. „Darüber hinaus hat der antragstellende Deutsche Fotorat seinen Sitz in Köln“, ergänzt der Fachjournalist.

Nur vier Anträge pro Bundesland kommen in die engere Auswahl, über die im März 2024 entschieden wird. Die Begutachtung und Evaluation der Vorschläge durch das einberufene Fachkomitee soll nicht vor Ende 2024 abgeschlossen sein.

Breite Unterstützung

Unterstützt wird der Antrag von führenden Experten, so unter anderem vom emeritierten Prof. Dr. Rudolf Gschwind: „Das fotografische Bild selbst ist kein immaterielles Kulturerbe, aber die Fotografie ist ein technischer Prozess, der vom Fotografen ein erhebliches handwerkliches Können verlangt, bis ein fotografisches Bild entsteht“, so der emeritierte Leiter des Imaging & Media Lab der Universität Basel in seinem den Antrag begleitenden Gutachten.

Professorin Ute Mahler, die ebenfalls mit einem Gutachten den Antrag des Fotorats auf Anerkennung der analogen Fotografie als immaterielles Kulturerbe der UNESCO unterstützt: „Die Bewahrung und die Anwendbarkeit dieser historischen und zugleich heutigen Technik muss auch in Zukunft gesichert sein.“

Der Deutsche Fotorat als Antragsteller vertritt die Interessen der Fotografierenden aus unterschiedlichen Bereichen und engagiert sich auch allgemein für die Fotografie als Kulturgut und visuelles Kulturerbe. Verschiedene der im Deutschen Fotorat vertretenen Organisation, deren Mitglieder an der Erstellung des Antrags mitgewirkt haben, waren an der Arbeitsgruppe beteiligt, darunter Experten im Bereich der analogen Fotografie, als auch solche, in deren fotografischer Anwendungspraxis analoge Fotoverfahren keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen. Allgemein anerkannt ist jedoch unabhängig davon die Bedeutung dieser Verfahren als immaterielles Kulturerbe. Thomas Gerwers: „Der Wissensverlust durch das altersbedingte Schwinden traditioneller Kompetenzträger im Bereich analoger Fotoverfahren wird unter anderem dadurch beschleunigt, dass diese auch im Rahmen der beruflichen Bildung innerhalb der Fotografie von den Lehrplänen verschwindet. Ziel des Antrages ist, den Zugang zu dem alten Wissen über die zahlreichen historisch überlieferten analogen fotografischen Verfahren zu bewahren, weiterzugeben und deren Anwendung und Durchführung zu überliefern sowie die Verfügbarkeit der dazu notwendigen Chemikalien und Gerätschaften für künftige Generationen sicherzustellen und zu bewahren, damit dieses weitergeben und gepflegt werden kann“, so der Publizist.

Christian Klant: „Die Analogfotografie erfährt nur wenige Jahre nach ihrem vermeintlichen Ende eine Renaissance als Kunstform und Kult. Seit Ende des 20. Jahrhunderts entdecken einige Fotografen außerdem die frühen Edeldruckverfahren sowie die Technik der Kollodiumfotografie wieder. Das täuscht allerdings darüber hinweg, dass viele andere fotografische Techniken drohen, in Vergessenheit zu geraten oder durch neue gesetzliche Bestimmungen nicht mehr durchgeführt werden dürfen. Es bedarf eines großen, praktischen Erfahrungswissens, um sich die teils komplexen Handlungsschritte unterschiedlicher analoger fotografischer Verfahren anzueignen.“

Nicht vor Anfang 2025 wird mit einer Entscheidung über den Antrag des Fotorats gerechnet, so er denn angenommen wird. Bei erfolgreicher Anerkennung auf nationaler Ebene sind Vernetzungen mit internationalen Akteuren geplant, um in einem zweiten Schritt auch eine internationale Anerkennung zu erreichen.

Foto: Karl Kratz
Text: Thomas Gerwers

Deutscher Fotorat wird eigene Sektion im Deutschen Kulturrat 

Foto: Deutscher Kulturrat
v.l.n.r. Ingo Taubhorn, Anna Gripp und Julia Laatsch (Sprecher:innen Deutscher Fotorat), Prof. Christian Höppner (Präsident Deutscher Kulturrat), Boris Kochan(Vizepräsident Deutscher Kulturrat), Olaf Zimmermann(Geschäftsführer Deutscher Kulturrat), Dagmar Schmidt(Vizepräsidentin Deutscher Kulturrat), Hanns-Peter Frentz (DGPh)

Die Mitgliederversammlung des Deutschen Kulturrates hat am 21. September 2023 in Berlin die Aufnahme des Deutschen Fotorats als neunte Sektion einstimmig beschlossen. Im 1982 gegründeten Deutschen Kulturrat war die Fotografie als eigenständiges Kreativmedium zuvor nicht vertreten. Die Gründung des Deutschen Fotorats im Jahr 2021 legte den Grundstein dafür, dass die Fotografie nun auf der höchsten Ebene im Spitzenverband der Bundeskulturverbände vertreten ist.

Der Deutsche Fotorat wird sich weiterhin als eigenständiger Dachverband und in Zukunft auch im Verbund mit den anderen acht Sektionen im Deutschen Kulturrat für die Wertschätzung der Fotografie als Kulturgut und das visuelles Kulturerbe engagieren, die Belange von Fotografinnen und Fotografen und anderer Akteure im Bereich der Fotografie aktiv vertreten, öffentliche Diskussionen zu unterschiedlichen Aspekten der Fotografie anstoßen und Stellung nehmen.

Die Sprecher:innen des Deutschen Fotorats Anna Gripp (DGPh), Julia Laatsch (FREELENS) und Ingo Taubhorn (DFA) sowie Hanns-Peter Frentz (DGPh) präsentierten bei der Mitgliederversammlung sowohl die Organisationsstruktur als auch die Vielfalt an Aktivitäten und Arbeitsgruppen des Deutschen Fotorats. Doch nicht nur das: Die beeindruckende Steigerung der Mitgliedsorganisationen überzeugte. Aktuell zählt der Dachverband stolze 23 Mitglieder und vertritt somit ein sehr breites Spektrum der Fotografie in Deutschland.

Die Sprecher:innen Anna Gripp und Julia Laatsch äußerten sich nach der Sitzung: „Wir sind hocherfreut über die Aufnahme in den Deutschen Kulturrat. Wir werden von der Expertise vieler geschätzter Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Bereichen der Kultur und der politischen Überzeugungskraft des Deutschen Kulturrates für unsere Mitglieder profitieren. Wir sind überzeugt, unsere Expertise im Deutschen Kulturrat zum Wohle aller einbringen zu können. Ein guter Tag für die Fotografie und insgesamt für die Kultur in Deutschland. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit.“

Pressekontakt: Anna Gripp (DGPh) & Julia Laatsch (FREELENS)
post@deutscher-fotorat.de 
0049160 96714442

Podiumsdiskussion zur Bewahrung fotografischer Lebenswerke

Auf der Jahrestagung der öffentlich-rechtlichen Bildarchive Deutschlands im Rheinischen Bildarchiv in Köln fand am 9. Juni 2023 eine Podiumsdiskussion des Deutschen Fotorats statt zum Thema „Bewahrung bedeutender fotografischer Lebenswerke. Die Perspektive der Fotograf:innen“.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer:
Timm Rautert, Fotograf, ehem. Hochschullehrer, Essen
Sandra Stein, Fotografin, Köln
David Klammer, Fotograf, Köln
Dr. Johanna Gummlich, Leiterin Rheinisches Bildarchiv, Köln
Hanns-Peter Frentz, AG Fotoerbe, Deutscher Fotorat (Moderation)

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Foto ©: RBA Köln