Quelle: J. Scriba / Dall-E (KI-generiert)
Eilmeldung: ProduktfotografInnen bitte umschulen
Angekündigt waren die Features ja schon lange. Seit es generative KI-Werkzeuge gibt werben Hersteller damit, dass sich FotografInnen damit viel nervige Arbeit ersparen können, etwa das Ausbessern von Bilddefekten oder das allseits ungeliebte Freistellen – Inhalt ungezählter Tutorials und Fachartikel.
Eine Woche nach der Vorstellung seiner neuen Generation des Firefly-Bildgenerators scheint das Adobe-Marketing (aus Versehen?) verraten zu haben, dass es den Photoshop-Machern gar nicht so sehr um die Fotoschaffenden geht, sondern eher um die Kunden in der Industrie und den Agenturen.
„Lass das Fotografieren weg“ frohlockt das Social-Media-Team von Adobe und preist das Hintergrund-Generieren als Methode der Wahl zum Erstellen von Hingucker-Produktfotos.
Quelle: Adobe / The Nerdy Photographer
Bei vielen Lesenden aus der Fotobranche lässt das den Blutdruck hörbar steigen. „Adobe haut Fotografen (mal wieder) in die Pfanne“, resümiert „Petapixel“, wobei das englische Idiom „Throwing someone under the bus“ nur schwer sinnerhaltend zu übersetzen ist.
Die Redewendung mit dem Bus impliziert im Amerikanischen einen heimtückischen Verrat, im (mutmaßlich) britischen Erstgebrauch in den 1970ern einen augenzwinkernd misslichen Unfall mit einem für den (vielleicht) Schupsenden vorteilhaften Ergebnis.
Entsprechend bitter fallen viele Reaktionen im Internet aus, nach dem Motto „Vielen Dank Adobe, wo ich Euch doch über so viele Jahre tausende von Dollar gezahlt habe.“
Nicht hilfreich für die Sympathiewerte des Adobe-Konzerns ist die Äußerung des Chefstrategen Scott Belsky im Wall Street Journal. Der verglich KI-Generatoren mit der Einführung der Digitalkameras und meinte, da müsse man nun mit der Zeit gehen.
„Wenn Künstler zu mir sagen: ‚Ich hasse generative KI, warum lasst ihr sie überhaupt in euren Produkten zu?‘ Dann sage ich: ‚Weil die Leute sonst an illegale Orte gehen und du am Ende nichts mehr bekommst.
Dies ist eine Revolution, dies ist die neue Digitalkamera, und wir müssen sie uns zu eigen machen.
Scott Belsky
Adobe Chief strategy officer and executive vice president of design and emerging products
Natürlich hat der Mann in sofern recht, als dass die damaligen Diskussionen sehr sinnfrei waren, ob Digitalkameras überhaupt echte Fotos machen könnten, oder die seelenlosen Chips nicht das Ende der Fotografie einläuten. Aber es wirkt schon etwas befremdlich, wenn diejenigen, die lange Jahre die preislichen Schmerzgrenzen der BildautorInnen mit wohldosierten Abomodellen für alternativarme Software ausgelotet haben, nun zumindest argumentativ ihre Kundschaft eher dort zu suchen scheinen, wo man Kamerabedienende eher als Hindernis in der Produktionskette wahrnimmt.
Da scheint es wohl nur ein dummer Zufall zu sein, dass gerade auch Amazon sein vor einigen Wochen angekündigtes Automatik-Tool für feschere Produktabbildungen in Europa freigeschaltet hat:
Hier muss man nicht mal mehr selbst mit Bildbearbeitungssoftware hantieren. Die Werbung für die Werbung beschreibt das:
In der Amazon-Werbekonsole wählen Werbetreibende einfach ihr Produkt aus und klicken auf „Generieren“. Das Tool nutzt dann generative KI, um innerhalb von Sekunden eine Reihe von Bildern zum Thema Lifestyle und Marke zu liefern, die auf Produktdetails basieren. Das Bild kann dann durch Eingabe kurzer Textanweisungen verfeinert werden, und mehrere Versionen können schnell erstellt und getestet werden, um das Ergebnis zu optimieren.
Also dann, liebe Tabletop-FotografInnen, fragt mal ChatGPT, was es an alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten geben könnte. Das vorhandene Studio könnte sich ja z.B. für das Ablichten kleiner bis mittelgroßer Haustiere eignen, sofern deren HalterInnen bereit sind Geld in professionelle Tierportraits zu investieren.
Bis demnächst
Jürgen